Das polnische Postwegenetz aus den Zeiten Jan III. Sobieskis (polnischer König von 1674 bis 1696 und mit Augusts Vater Johann Georg III. Waffenbrüder beim Entsatz von Wien 1683) wurde ausgebaut, vermessen und mit Poststationen zum Wechseln der Pferde ausgerüstet. Ein Schwerpunkt der Arbeiten war die Straßenverbindung mit Sachsen. Dorthin wurden zwei Routen geführt:
- Eine nördliche von Dresden über Königsbrück, Sorau (Żary), Fraustadt (Wschowa), Lissa (Leszno), Kalisch (Kalisz), Łowicz, Błonie nach Warschau und
- Die südliche Route über Bautzen, Görlitz, Liegnitz (Legnica), Breslau (Wrocław), Wartenberg (Syców), Widawa, Wołborz, Rawa nach Warschau.
Später, insbesondere auch unter dem Einfluss Brühls, kamen noch verschiedene alternative Trassen hinzu bzw. lösten die Zürnerschen bereits wieder ab. Die wichtigste von ihnen führte über Brody (Pförten [Brühls Anwesen]), Krosno (Crossen), Kargowa (Unruhstadt), Poznań (Posen) und Kutno nach Warschau. Die sächsische Poststation in Kutno ist als einzige ihrer Art bis heute erhalten geblieben.
Auf sächsischem Gebiet wurden vor den Toren der Städte Distanzsäulen mit Entfernungsangaben, kursächischem Wappen und dem Namenszug „AR“ (für Augustus Rex) aufgestellt und durch Meilensteine, Halb- und Viertelmeilensteine entlang der Strecken ergänzt. Eine große Zahl dieser Zeugen barocker Postgeschichte ist noch heute vielerorts erhalten bzw. wieder hergerichtet. Eine sächsische Meile entsprach 9.062,08 m bzw. 2 Wegstunden. Die auf den Distanzsäulen in Stunden angegebenen „Reisezeiten“ sind also – mit 0,5 bzw. 4,5 multipliziert – Entfernungsangaben in Meilen, respektive Kilometern. Aber auch auf polnischem Gebiet wurden sowohl auf der nördlichen als auch auf der südlichen Route mannshohe steinerne „Post-Marquen“ im Abstand von 3 Meilen errichtet, die allerdings wohl sämtlichst nicht überdauert haben.
Adam Friedrich Zürner war neben seiner Arbeit als Vermesser auch als Kartograph und Buchautor tätig. 1738 gab er einen Reiseführer mit dem Titel „Kurze Anleitung zur gewöhnlichen Reise von Dreßden nach Warschau“ heraus. Zürner liefert darin neben einer Reisekarte ausführliche Beschreibungen der beiden Reiserouten einschließlich einiger Nebenkurse, der politischen Grenzen, der zu passierenden Flüsse und anderer geografischer Gegebenheiten, der Bewohner und nicht zuletzt der Gegend um die Hauptstadt Warschau.
Auffällig ist, dass die Wegbeschreibungen nach Osten immer detaillierter werden- schließlich wurden hier neu erschlossene Verkehrswege beschrieben! August der Starke ist häufig auf der südlichen Route, die in weiten Bereichen mit dem Verlauf der Via Regia identisch ist, unterwegs gewesen. Aber auch die Nordroute wurde durch ihn in nicht geringem Umfange frequentiert. Wohl an die fünf Mal ist er von Dresden nach Fraustadt (Wschowa) gereist, der ersten polnischen Stadt hinter der schlesischen Grenze, um dort am Sejm teilzunehmen oder ausländische Gesandte zu empfangen, so z. B. auch aus dem osmanischen Reich. Fraustadt galt als heimliche Hauptstadt Polens. Und in der nur 19 km entfernten Nachbarstadt Lissa (Leszno) liegen die familiären Wurzeln Augusts Widersachers um den polnischen Thron, Stanisław Leszczyński…
Die Streckenlänge der nördlichen Route betrug 135 ¼ Stunden (613 km) und war gegenüber der 136 ½ Stunden (618 km) langen Südroute geringfügig kürzer. Zürner weist aber ausdrücklich darauf hin, dass entlang der Nordroute die Flussübergänge über Oder, Prozna, Ner, Warta und Bzura bei „nassem Wetter“ schwer überwindlich sein können oder „schlimme Gegenden zu passieren“ sind. Während die Südroute mit den Städten Bautzen, Görlitz und Wrocław (Breslau) bekannte touristische Highlights bietet, sind die Orte entlang der nördlichen Trasse in Deutschland weniger bekannt. Diese Route bietet somit Raum für allerlei Entdeckungen. Da kaum nennenswerte Höhenunterschiede zu überwinden sind, bietet sich für die Bewältigung der Strecke auch das Fahrrad an. Den Reisenden erwarten dörfliche Idyllen, schmucke kleine Städtchen, Felder und Wälder und eine unerwartet große Zahl von Zeugen der ehemaligen sächsisch- polnischen Union der Jahre 1697 bis 1763 sowie 1807 bis 1815, als noch einmal ein Wettiner, der sächsische König Friedrich August I., der Gerechte, Herrscher des von Napoleon geschaffenen Herzogtums Warschau war.